24. September 2008

Buch "nazar degmesin - möge es vom bösen Blick verschont sein; Türkische Geschichten"














Autorin: Christine Penz
Herausgeber: Attila Dincer + Christine Penz
ISBN: 978-3-902612-92-2 Bucher Verlag
108 Seiten; 17 Geschichten + Fotoportrait
Sonderpreis: € 15,00

Zu bestellen bei: christine.penz@gmx.at

Menschen, die aus der Türkei nach Vorarlberg gekommen sind, erzählen in diesem Buch über sich selbst, stehen einmal im Mittelpunkt – nicht als Forschungs- oder Integrationsobjekte, sondern einfach nur als Menschen. Es handelt von Heimat und Zuhause, von Reise und Ankunft, vom Schicksal, von Glück und Pech und von Momenten der Entscheidung. Das Buch soll einen Streifzug durch die türkische Migrant/innen-Geschichte zeigen. Der nahe Blick aus der Mitte ermöglichte es, die Texte nicht wie Beobachtungen darzustellen, sondern es entstanden Geschichten, die zu einem großen Teil statt nur Gesehenes sehr viel Erlebtes zeigen. „Neugierig zu sein heißt die Seele zu erneuern.“

Der Titel für dieses Buch ist aus etwas entstanden, das die meisten Menschen kennen, auch wenn sie noch nie in der Türkei waren. Es ist das bekannteste Zeichen des türkischen Aberglaubens, die blaue Glasperle mit dem aufgemalten Auge. Dieses Auge soll den bösen Blick abwehren, die böse Kraft selbst kommt aus dem Herzen eines Menschen, der neidisch Dinge verflucht. In der türkischen Kultur wird deshalb nie ohne einen Zusatz ein Kompliment gemacht, dies soll einen heimlichen Fluch verhindern. Ein Beispiel für einen solchen Zusatz ist „nazar değmesin", was soviel bedeutet wie „möge es vom bösen Blick verschont bleiben".
Die mitwirkenden Interviewpartner/innen haben aus ihrem Leben und von ihren Gefühlen erzählt. Das verdient allerhöchsten Respekt, und deshalb sollen ihre Geschichten geschützt sein. Das vorliegende Buch soll einen Streifzug durch die türkische Migrant/innen-Geschichte zeigen. Die Erzählungen handeln von Heimat und Zuhause, von Reise und Ankunft, vom Schicksal, von
Glück und Pech und von Momenten der Entscheidung. Dem Buch liegt keine empirische Studie zugrunde, es soll auch keine Auflistung darstellen. Alle drei Einwanderer/ Einwanderinnen- Generationen haben ihren Platz gefunden, um ihre Geschichten zu erzählen und ihre Botschaften zu vermitteln. Das Design ist schwarz-weiß, der Inhalt aber bunt und abwechslungsreich. Die 13 Erzählungen können aber nicht alle Varianten vom Leben türkischstämmiger Vorarlberger/innen abdecken, deshalb mögen mir jene verzeihen, die hier nicht vorkommen.
Die Arbeit an diesem Buch war zeitlich bedingt abschnittsweise sehr anstrengend, doch immer wieder, wenn ich bei einem gemütlichen Tee mit interessanten Menschen einen meinen Horizont erweiternden Nachmittag verbracht habe, wurde mir der Spruch bewusst „Hast Du es eilig, gehe langsam". Denn in vielen dieser Momente lernte ich unheimlich viel über die Kultur, die Denkweisen und Gefühle anderer Menschen. Von dem, was ich lernte, war wohl das Wichtigste: Kein Mensch ist wie der andere und kein Türke/keine Türkin ist wie der/die andere. Es ließen sich für mich zwar einige Schlussfolgerungen ziehen, aber die Verschiedenheit der Geschichten, die mir erzählt wurden, zeigten ein sehr abwechslungsreiches Bild der Türk/innen, die in meiner nahem Umgebung leben. Ich war immer der Meinung, dass ich Vorarlberg kenne, denn schließlich bin ich hier aufgewachsen. Dann aber eröffneten sich mir während der Arbeit Welten, die der meinen so unterschiedlich zu sein schienen.
Die vielen Gespräche mit Attila Dincer haben meinen Maßstab zu denken erweitert, die Texte haben durch Diskussionen und Austausch nicht nur ihre persönlichen Noten erhalten, sondern mir wurde die Achtsamkeit bewusst, mit der mit Erzählungen anderer Menschen umgegangen werden soll. Mit vielen Kleinigkeiten lässt sich die Wertschätzung der mitwirkenden Türk/innen gegenüber sichtbar machen. Ich hatte es mir einfacher vorgestellt. Es wurde schwieriger, aber vor allem umfangreicher und facettenreicher, als ich es mir je gedacht hatte. Mehr und mehr hatte ich während der Entstehung des Buches das Gefühl, tief in diese Kultur einzutauchen. Dies gestattete mir vor allem die sehr offene und einladende Art der Interviewpartner/innen. Ich wurde nicht nur herzlichst empfangen, sondern in einen Kreis aufgenommen, den ich sonst nur hätte von außen betrachten können. Dieser nahe Blick aus der Mitte ermöglichte mir, die Texte nicht wie Beobachtungen darzustellen, sondern es entstanden Geschichten, die zu einem großen Teil statt nur Gesehenes sehr viel Erlebtes zeigen. „Neugierig zu sein heißt die Seele zu erneuern", so entstand aus Neugier auch sehr oft Anteilnahme und Verständnis.